Bedrückende Zustände im Jordantal
Das Jordantal hat in den letzten Wochen im Rahmen der israelisch-palästinensischen Verhandlungen erneut internationale Aufmerksamkeit erhalten. Beide Seiten beanspruchen das Gebiet für sich: Die Palästinenser betrachten es als integralen Bestandteil ihres Staatsgebiets, während die israelische Regierung nicht bereit ist, ihre Präsenz an der Grenze zu Jordanien aufzugeben. Gemeinsam mit dem Israeli Committee Against House Demolitions (ICADH) konnte sich das Team der KAS Ramallah während einer eintägigen Tour ein Bild über die Lage der palästinensischen Bewohner des Jordantals machen.
Während in der nach internationalem Recht illegalen Siedlung Ma’ale Adumim, in der mittlerweile rund 40.000 Israelis leben, die Bewohner zuverlässig an Strom- und Wasserversorgung angeschlossen sind und über vier Schwimmbäder verfügen, sieht das Leben der Beduinen auf der anderen Seite des Highway 1 ganz anders aus. Das Gelände, auf dem sie schon seit über 50 Jahre leben, befindet sich in der C-Zone und somit unter israelischer Militär- und Zivilhoheit. In der Folge können sie weder mit ihren Tieren umherziehen, noch an dieser Stelle Häuser bauen. Da die Verwaltung den Bau fester Strukturen aus Stahl und Zement nicht genehmigt, behelfen sich die Beduinen mit Bretterverschlägen und Hütten, die trotzdem vom Abriss bedroht sind. Sie verfügen weder über einen Anschluss and das Stromnetz, geschweige denn über Anbindung an den Highway, der direkt an ihrer Siedlung vorbei läuft.
Ähnliche Probleme haben die Palästinenser im Jordantal. Rund 87 % des Jordantals befinden sich unter israelischer Kontrolle. Das sind zum einen Siedlungen mit dazugehörigen Agrarflächen, zum anderen Naturschutzgebiete und Militäranlagen. War das Gebiet aufgrund seiner hohen Wasservorkommen ehemals wichtiges Anbaugebiet für palästinensische Farmer, haben sie heute kaum Zugang zu den dortigen Ressourcen und Flächen. Die Wasserversorgung ist besonders in den Sommermonaten besorgniserregend schlecht. Zeitweise stehen den Bewohnern pro Kopf nur 20 Liter am Tag zur Verfügung, der Weltgesundheitsorganisation zu folge braucht ein Mensch täglich jedoch mindestens 100 Liter. Konnten sich die Palästinenser früher durch die zahlreichen natürlichen Quellen in der Region selbst versorgen, sind sie heute gezwungen, Wasser des israelischen Wasserversorgungsbetriebes zu kaufen. Das liegt an den tiefen Wasserbohrungen israelischer Unternehmen und Siedlungen, die in der Folge die eigentlichen Quellen zum versiegen brachten. Lebten bis in die 1950er Jahre noch rund 320.000 Palästinenser im Jordantal, sind es heute nur noch knapp 60.000. Während die Bevölkerung im sog. „A“ und „B“ Gebiet wächst, verlassen aufgrund der schwierigen Lebenssituation immer mehr Familien das Jordantal.
Auslandsbüro Palästinensische Gebiete 17. Jan. 2014