- Hintergrund
- Bewaffneter Konflikt
- Blockade des Gazastreifens und Einschränkungen im Westjordanland
- Exzessive Gewaltanwendung
- Straflosigkeit
- Haft ohne Anklageerhebung
- Folter und andere Misshandlungen
- Zwangsräumungen und Zerstörung von Wohnraum
- Wehrdienstverweigerer
- Flüchtlinge und Asylsuchende
Im Zuge einer 50-tägigen Militäroffensive im Gazastreifen verübten israelische Streitkräfte Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen. Sie töteten mehr als 1500 Zivilpersonen, darunter 539 Kinder. Tausende weitere Zivilpersonen wurden verletzt. Die Militäroperation führte zu einer massenhaften Vertreibung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und zerstörte Privateigentum und lebenswichtige Versorgungseinrichtungen. Die andauernde israelische Luft-, Land- und Seeblockade des Gazastreifens stellte für die rund 1,8 Mio. Bewohner des Gebiets eine Kollektivstrafe dar und verschärfte die humanitäre Krise.
Im Westjordanland töteten israelische Streitkräfte rechtswidrig palästinensische Protestierende, darunter Kinder, und schränkten die Bewegungsfreiheit der Bewohner durch zahlreiche Maßnahmen weiterhin stark ein. Gleichzeitig wurde der Bau unrechtmäßiger israelischer Siedlungen im Westjordanland weiter vorangetrieben. Israelische Siedler, die Palästinenser angriffen und deren Eigentum zerstörten, gingen fast immer straffrei aus. Die israelischen Streitkräfte inhaftierten Tausende Palästinenser, von denen einige berichteten, sie seien gefoltert worden. Rund 500 Palästinenser wurden ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Verwaltungshaft gehalten.
In Israel zerstörten die Behörden weiterhin Häuser palästinensischer Beduinen in „nicht anerkannten“ Dörfern in der Negev-Wüste und führten rechtswidrige Zwangsräumungen durch. Die israelischen Behörden inhaftierten Tausende Asylsuchende und andere ausländische Migranten und wiesen sie im Schnellverfahren aus. Israelische Wehrdienstverweigerer erhielten Gefängnisstrafen.
Hintergrund
Die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern verschärften sich 2014 dramatisch. Im April scheiterten die Verhandlungen, die unter Vermittlung der US-Regierung geführt worden waren. Zur Verschärfung der Lage trugen auch ein Versöhnungsabkommen zwischen Fatah und Hamas sowie Israels Blockade des Gazastreifens und die Ausweitung des unrechtmäßigen israelischen Siedlungsbaus im Westjordanland bei. Die wachsenden Spannungen führten im Juli zum Ausbruch eines erneuten bewaffneten Konflikts.
Zuvor hatten die Tötung von mindestens 15 Palästinensern durch die israelische Armee in der ersten Jahreshälfte, die Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen im Westjordanland durch palästinensische Hamas-Anhänger sowie eine Vergeltungsmaßnahme, bei der Israelis einen palästinensischen Jugendlichen töteten, und der Abschuss von Raketen aus dem Gazastreifen nach Israel zur Eskalation beigetragen.
Am 8. Juli startete die israelische Armee die Militäroffensive „Schützende Klippe“ gegen den Gazastreifen, während die Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppen verstärkt Raketen auf den Süden Israels abfeuerten. Nach zehntägigen Luftangriffen begannen die israelischen Streitkräfte eine Bodenoffensive im Gazastreifen und stellten die Kampfhandlungen erst nach 50 Tagen ein, unmittelbar bevor eine von den USA und Ägypten vermittelte Waffenruhe in Kraft trat.
Der Waffenstillstand beendete den offenen Konflikt, doch vor allem im Westjordanland hielten die Spannungen an, und die Beziehungen zwischen Palästinensern und Israelis verschlechterten sich. Mehrfach kam es im Westjordanland zu Angriffen von Palästinensern auf israelische Zivilpersonen, u.a. auf Gläubige in einer Synagoge. Die israelischen Streitkräfte töteten im Westjordanland erneut Palästinenser, u.a. bei Demonstrationen.
Die Ankündigung der israelischen Regierung, in Ost-Jerusalem weiteres Land zu enteignen und neuen Wohnraum für Siedler zu schaffen, sorgte ebenso für Unruhe wie der Beschluss der israelischen Behörden, den Zugang zum Tempelberg in Jerusalem im November 2014 zeitweise zu schließen, wodurch muslimische Gläubige daran gehindert wurden, die Al-Aqsa-Moschee zu besuchen, eine der heiligsten Stätten des Islam. Zu Spannungen trug auch die zunehmende internationale Anerkennung Palästinas als Staat bei.
Im Dezember entließ Ministerpräsident Netanyahu zwei Minister, u.a. weil sie einem Gesetzentwurf, der Israel als „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ definiert, nicht zugestimmt hatten. Die Knesset stimmte auf Initiative von Netanyahu für ihre Auflösung und Neuwahlen im März 2015.
Bewaffneter Konflikt
Bei der Militäroperation „Schützende Klippe“, mit der Israel eigenen Angaben zufolge auf einen zunehmenden Raketenbeschuss durch palästinensische bewaffnete Gruppen reagierte, wurden mehr als 2000 Bewohner des Gazastreifens getötet. Davon waren mehr als 1500 zivile Todesopfer, darunter etwa 539 Kinder. Die israelischen Luft- und Bodenangriffe beschädigten oder zerstörten mehrere tausend Wohnhäuser, unterbrachen die Strom- und Wasserversorgung und fügten der zivilen Infrastruktur schwere Schäden zu.
Rund 110000 Palästinenser wurden durch die Angriffe aus ihren Häusern vertrieben. Bewaffnete palästinensische Gruppen im Gazastreifen schossen wahllos Raketen und andere Geschosse auf Israel ab und verletzten damit das Kriegsrecht. Bei derartigen Angriffen wurden sechs Zivilpersonen, darunter ein Kind, getötet, zahlreiche Menschen verletzt und Privateigentum beschädigt.
Die israelische Armee verübte während des 50-tägigen Konflikts bis zum Inkrafttreten der Waffenruhe am 26. August Kriegsverbrechen, indem sie u.a. dichtbesiedelte Wohngebiete im Gazastreifen mit unverhältnismäßigen und wahllosen Angriffen überzog. Sie griff zivile Gebäude und Schulen – in denen die Zivilbevölkerung des Gazastreifens Zuflucht gesucht hatte – an, die nach israelischer Darstellung Kommandozentren der Hamas beherbergten bzw. zum Lagern oder Abschießen von Raketen dienten.
In der Nacht zum 30. Juli schlugen israelische Artilleriegeschosse in eine Grundschule in Jabalia ein, in der mehr als 3000 Zivilpersonen Schutz gesucht hatten. Dabei wurden mindestens 20 Personen getötet und weitere verletzt. Dies war bereits das sechste Mal seit Ausbruch des Konflikts drei Wochen zuvor, dass eine Schule, die von den Vereinten Nationen als Schutzraum für Zivilpersonen genutzt wurde, vom israelischen Militär angegriffen wurde.
Die israelische Armee attackierte auch Krankenhäuser und medizinisches Personal, darunter Notärzte und Sanitäter, die Verletzten helfen oder Tote bergen wollten. Zahlreiche Häuser wurden durch Raketen oder Fliegerbomben zerstört oder beschädigt, während sich noch Familien darin aufhielten. Amnesty International hat z.B. acht Fälle dokumentiert, in denen bei israelischen Luftangriffen auf bewohnte Häuser mindestens 104 Zivilpersonen getötet wurden, darunter 62 Kinder. Häufig nannte das israelische Militär keinen Grund, warum bestimmte Ziele angegriffen wurden.
In den Tagen unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Waffenruhe zerstörten die israelischen Truppen bei Angriffen drei mehrstöckige Wohnhäuser in Gaza-Stadt und ein modernes Geschäftshaus in Rafah. Die Angriffe erfolgten nach vagen Angaben, wonach sich in den Wohnhäusern eine Kommandozentrale der Hamas und „Einrichtungen palästinensischer Kämpfer“ befinden würden. Die Armee legte weder überzeugende Beweise hierfür vor, noch erklärte sie, warum sie nicht zu weniger zerstörerischen Mitteln griff, sollte es legitime militärische Gründe für die Angriffe gegeben haben.
In der öffentlichen Darstellung versuchten die israelischen Behörden, die Schuld an den zahlreichen Todesopfern und der umfassenden Zerstörung, die die Militäroffensive im Gazastreifen anrichtete, auf die Hamas und palästinensische bewaffnete Gruppen abzuwälzen. Diese seien dafür verantwortlich, weil sie Raketen und andere Geschosse aus Wohngebieten oder aus deren unmittelbarem Umfeld abgefeuert und Munition in zivilen Gebäuden versteckt hätten.
Blockade des Gazastreifens und Einschränkungen im Westjordanland
Die israelischen Streitkräfte hielten die Luft-, Land- und Seeblockade des Gazastreifens 2014 aufrecht, was für die 1,8 Mio. Bewohner, bei denen es sich überwiegend um Zivilpersonen handelt, einer Kollektivstrafe gleichkam. Alle Ein- und Ausfuhren von Waren sowie jede Ein- und Ausreise von Personen mussten von Israel genehmigt werden. Da auch Ägypten den Grenzübergang Rafah weiterhin geschlossen hielt, war der Gazastreifen praktisch abgeriegelt. Die gravierenden humanitären Folgen der seit Juni 2007 kontinuierlich andauernden Blockade zeigten sich daran, dass weite Teile der Bevölkerung des Gazastreifens für ihr Überleben auf internationale humanitäre Hilfe angewiesen waren. Die Lage verschlimmerte sich noch durch die Zerstörungen und die Vertreibung der Bevölkerung aus ihren Häusern im Zuge der israelischen Militäroperation „Schützende Klippe“.
Israelische Sicherheitskräfte überwachten die Blockade, indem sie mit scharfer Munition auf Palästinenser schossen, die sich der 500 Meter breiten Pufferzone näherten, die Israel an der Grenze zum Gazastreifen auf palästinensischem Gebiet eingerichtet hatte. Fischer wurden beschossen, wenn sie in die Nähe der Sperrzone gerieten, die sich entlang der gesamten Küste des Gazastreifens erstreckte. Israelische Streitkräfte erschossen 2014 noch vor der Militäroperation „Schützende Klippe“ in oder in der Nähe der Pufferzone sieben palästinensische Zivilpersonen. Eine weitere Person wurde nach dem Waffenstillstand getötet, als die Pufferzone verkleinert und die für den Fischfang freigegebenen Gebiete vergrößert werden sollten. Nach wie vor setzten die israelischen Truppen Schusswaffen ein, so wurden einige Fischer von israelischen Marineeinheiten durch Schüsse verletzt.
Im Westjordanland fuhr Israel damit fort, auf überwiegend palästinensischem Gebiet einen Zaun bzw. eine Mauer mit dazugehörigen Wachtürmen zu bauen. Der Verlauf war so angelegt, dass unrechtmäßige israelische Siedlungen geschützt wurden, während palästinensische Dorfbewohner durch das Bauwerk von ihren Ländereien abgeschnitten wurden. Palästinensische Bauern benötigten Sondergenehmigungen, um ihre Felder zwischen dem Zaun bzw. der Mauer und der Grünen Linie zu erreichen, die den Grenzverlauf zwischen dem Westjordanland und Israel markiert.
Im gesamten Westjordanland schränkten die israelischen Streitkräfte weiterhin die Bewegungsfreiheit der Palästinenser u.a. durch Militärkontrollpunkte empfindlich ein. Zu bestimmten Gebieten hatten die Palästinenser nur begrenzten Zugang, da sie daran gehindert wurden, Umgehungsstraßen zu benutzen, die israelischen Siedlern vorbehalten waren. Aufgrund der Einschränkungen war es für die Palästinenser beschwerlich, Krankenhäuser, Schulen und Arbeitsplätze zu erreichen. Außerdem siedelte Israel Palästinenser zwangsweise aus dem besetzten Ost-Jerusalem in andere Gebiete des Westjordanlands um.
Nach der Entführung von drei jungen israelischen Anhaltern im Westjordanland griffen die israelischen Behörden hart durch und verschärften die Restriktionen im Zuge der Operation „Hüter meines Bruders“ noch weiter. Die israelische Armee verstärkte ihre Präsenz in palästinensischen Städten und Dörfern, tötete mindestens fünf Palästinenser, nahm große Gruppen von Personen fest und inhaftierte sie. Außerdem wurden willkürliche Reisebeschränkungen verhängt und palästinensische Wohnhäuser durchsucht.
Exzessive Gewaltanwendung
Israelische Soldaten und Grenzposten töteten 2014 im Westjordanland mindestens 50 Palästinenser widerrechtlich. Bei Demonstrationen gegen Israels andauernde militärische Besatzung, bei der Festnahme von politischen Aktivisten sowie während der 50-tägigen israelischen Militäroffensive im Gazastreifen gingen die Sicherheitskräfte mit exzessiver Gewalt vor und setzten Schusswaffen ein. Bei einigen der Tötungen handelte es sich möglicherweise um außergerichtliche Hinrichtungen.
Das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten teilte im September 2014 mit, seit Jahresbeginn seien im Westjordanland mehr als 4200 Palästinenser von der israelischen Armee verletzt worden und damit bereits mehr als im gesamten Jahr 2013. Viele der Verletzten, darunter auch Kinder, seien von gummiummantelten Metallkugeln getroffen worden, die israelische Streitkräfte abgefeuert hätten. Wie schon in den vergangenen Jahren gingen Soldaten und Grenzposten mit scharfer Munition gegen Demonstrierende vor, selbst wenn diese nur Steine oder Wurfgeschosse verwendeten, die keine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben darstellten.
Straflosigkeit
Die Behörden unterließen es, mutmaßliche Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, die von der israelischen Armee im Zuge der Militäroperation „Schützende Klippe“ verübt wurden, unabhängig zu untersuchen. Außerdem lehnten sie es ab, mit einer internationalen Ermittlerkommission zusammenzuarbeiten, die der UN-Menschenrechtsrat benannt hatte. Die Zusammenarbeit mit einem vom UN-Generalsekretär eingesetzten Untersuchungsausschuss kam jedoch offenbar zustande. Der Ausschuss sollte sich mit Vorfällen beschäftigen, die UN-Gebäude im Gazastreifen betrafen.
Im August 2014 ordnete der Generalstabschef der Armee eine Untersuchung von mehr als 90 „außergewöhnlichen Vorkommnissen“ während der Militäroperation „Schützende Klippe“ an, bei denen „ernsthafter Verdacht auf Gesetzesverletzungen“ bestand. Im September wurde bekanntgegeben, der Generalanwalt des Militärs habe die Untersuchung von neun Fällen abgeschlossen und in zehn weiteren Fällen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.
Die Behörden versäumten es zudem, die Erschießungen von Palästinensern bei Protestaktionen im Westjordanland angemessen zu untersuchen, obwohl zwingende Beweise dafür vorlagen, dass die israelischen Streitkräfte mehrfach exzessive Gewalt und scharfe Munition in Situationen eingesetzt hatten, die den Einsatz solch tödlicher Mittel nicht erforderten.
Haft ohne Anklageerhebung
Die israelischen Behörden hielten 2014 Hunderte Palästinenser aus den besetzten palästinensischen Gebieten ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Verwaltungshaft. Die Haftbefehle wurden unter Bezug auf Geheiminformationen ausgestellt, zu denen weder die Inhaftierten noch ihre Rechtsbeistände Zugang hatten, so dass es nicht möglich war, die Rechtmäßigkeit der Haft wirksam überprüfen zu lassen. Die Razzien, die israelische Sicherheitskräfte nach der Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen im Juni 2014 vornahmen, führten dazu, dass sich die Zahl der Verwaltungshäftlinge mehr als verdoppelte. Während im Mai 2014 rund 200 Personen in Verwaltungshaft saßen, waren es im September 468.
Folter und andere Misshandlungen
Palästinensische Häftlinge wurden 2014 weiterhin von israelischen Sicherheitskräften gefoltert und anderweitig misshandelt, vor allem von Angehörigen des israelischen Sicherheitsdienstes. Während der Verhöre hatten die Häftlinge oft tagelang, manchmal sogar wochenlang keinen Kontakt zur Außenwelt. Zu den geschilderten Foltermethoden zählten Schläge, Würgen und andere tätliche Angriffe, schmerzhafte Fesselungen, Schlafentzug und Drohungen gegen die Häftlinge und ihre Familien. Zudem wurden Gefangene gezwungen, über lange Zeiträume in schmerzhaften Positionen zu verharren. Während der Festnahmewelle, die auf die Entführung der israelischen Jugendlichen im Juni folgte, gingen vermehrt Berichte über Folter ein.
Die Behörden förderten ein Klima der Straflosigkeit, indem sie keine angemessenen Schritte unternahmen, um Folter zu verhindern oder Foltervorwürfe unabhängig zu untersuchen.
Zwangsräumungen und Zerstörung von Wohnraum
Im Westjordanland zerstörte die israelische Armee 2014 weiterhin palästinensische Wohnhäuser und andere Gebäude. Hunderte Palästinenser wurden rechtswidrig aus ihren Häusern vertrieben, häufig ohne Ankündigung oder Vorwarnung. Außerdem wurden Wohnhäuser palästinensischer Familien als Strafmaßnahme abgerissen, wenn ein Familienmitglied Angriffe auf Israelis verübt hatte.
Palästinensische Beduinen mit israelischer Staatsbürgerschaft, die in „nicht anerkannten“ oder erst kurz zuvor anerkannten Dörfern lebten, mussten ebenfalls mit dem Abriss ihrer Wohnhäuser und anderer Gebäude rechnen, weil die Behörden behaupteten, sie seien ohne Genehmigung errichtet worden. Die israelischen Behörden untersagten jegliches Bauvorhaben ohne offizielle Genehmigung. Baugenehmigungen wurden arabischen Dorfbewohnern jedoch verweigert, Gleiches galt für den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Strom- und Trinkwasserversorgung.
Der sogenannte Prawer-Plan aus dem Jahr 2011 sah den Abriss von 35 „nicht anerkannten“ Dörfern vor. Bis zu 70000 Beduinen sollten von ihrem Land und aus ihren Häusern vertrieben und an offiziell ausgewiesene Standorte umgesiedelt werden. Der Plan, der ohne Rücksprache mit den betroffenen Beduinengemeinschaften beschlossen worden war, geriet allerdings ins Stocken, nachdem der zuständige Minister im Dezember 2013 zurückgetreten war. Von offizieller Seite hieß es, man habe den Plan verworfen. Die Armee riss jedoch weiterhin Wohnhäuser und andere Bauten ab.
Wehrdienstverweigerer
Militärgerichte verhängten 2014 weiterhin Gefängnisstrafen gegen israelische Staatsangehörige, die den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigerten. Mindestens sechs Wehrdienstverweigerer mussten Gefängnisstrafen verbüßen. Omar Sa’ad wurde im Juni freigelassen, nachdem er eine Haftstrafe von 150 Tagen in einem Militärgefängnis verbüßt hatte. Danach wurde er als untauglich eingestuft und vom Militärdienst befreit.
Flüchtlinge und Asylsuchende
Menschen, die internationalen Schutz suchten, hatten weiterhin keinen Zugang zu fairen Verfahren, um ihren Flüchtlingsstatus feststellen zu lassen. Mehr als 2000 Asylsuchende aus Eritrea und dem Sudan waren in Holot inhaftiert. Die Hafteinrichtung in der Wüste war eröffnet worden, nachdem die israelische Regierung 2013 im Eilverfahren die Änderung Nr. 4 des Antiinfiltrationsgesetzes (Prevention of Infiltration Law) beschlossen hatte. Demnach waren die Behörden berechtigt, alle neu ankommenden Asylsuchenden grundsätzlich ein Jahr lang zu inhaftieren.
Im September 2014 brachte der Oberste Gerichtshof die Änderung Nr. 4 zu Fall mit der Begründung, dass sie einen Verstoß gegen das Recht auf Menschenwürde darstelle. Das Gericht forderte die Regierung auf, die Hafteinrichtung in Holot zu schließen oder innerhalb von 90 Tagen eine alternative Gesetzeslösung vorzulegen. Im Dezember verabschiedete die Knesset neue Gesetzesänderungen, die weiterhin eine automatische Inhaftierung Asylsuchender vorsahen.
Von den etwa 47000 afrikanischen Asylsuchenden in Israel stellten eritreische und sudanesische Staatsbürger mehr als 90%. Sie hatten weiterhin keinen Zugang zu fairen Verfahren, um ihren Flüchtlingsstatus feststellen zu lassen. Viele Asylanträge wurden ohne rechtmäßige Überprüfung abgelehnt. Ende 2014 hatten die israelischen Behörden lediglich zwei eritreischen und keinem einzigen sudanesischen Staatsbürger den Flüchtlingsstatus zuerkannt. Asylsuchenden war es gesetzlich verboten, eine bezahlte Arbeit aufzunehmen. Außerdem hatten sie so gut wie keinen Zugang zu Gesundheits- und Sozialeinrichtungen.
Die Behörden drängten viele Asylsuchende, Israel „freiwillig“ zu verlassen, indem sie den Betroffenen Geld bezahlten, wenn sie ihren Asylantrag zurückzogen und in ihre Heimatländer oder in Drittländer ausreisten. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2014 sollen mehr als 5000 eritreische und sudanesische Staatsbürger in eine „freiwillige“ Rückkehr eingewilligt haben. Einige reisten aus, um einer unmittelbar drohenden Inhaftierung in Israel zu entgehen, obwohl das Risiko bestand, dass sie in ihren Heimatländern Verfolgung und Folter erleiden würden. Berichten zufolge wurden einige Heimkehrer bei ihrer Ankunft im Sudan festgenommen und wegen Spionage für Israel angeklagt.
Israel traf dem Vernehmen nach Geheimvereinbarungen mit bestimmten afrikanischen Staaten, was die Rückführung von Asylsuchenden betrifft. Demnach sind Abschiebungen auch dann möglich, wenn den Betreffenden in Israel ein faires Asylverfahren verweigert wurde und sie in keiner Weise vor möglichen Rückführungen in ihre Heimatländer geschützt sind. Dies gilt auch für Fälle, in denen Rückkehrern schwere Menschenrechtsverletzungen drohen, was einen Verstoß gegen das Prinzip des Non-Refoulement (Abschiebungsverbot) darstellt.